Buchhandlung
Moderne “Buchhandlungen” sollten gemieden werden, wenn man tatsächlich an Literatur oder Fachbüchern interessiert ist, und einem außerdem sein geistiges Wohlbefinden am Herzen liegt.
In den 10 Prozent der Ladenfläche, die tatsächlich von Bücherregalen eingenommen wird (meist sind es nur die Wände), gibt es allein 30 Prozent Selbsthilfebücher, deren Inhalt so unglaublich trivial oder idiotisch ist, dass man diesen Teil gedruckter Werke direkt ins Altpapier sortieren könnte. Ein paar kostenlose Tipps: Wie wird man glücklich? Gar nicht. Aber es wird meist tolerabler, wenn man Arbeit reduziert und nicht mehr nach Besitztuermern und Status strebt. Wie nehme ich ab? Deutlich unter Tagesbedarf essen, elektrolyte nicht vergessen. Simple as. Wie komme ich in meiner Karriere weiter? Glück haben und/oder Arschkriechen.
Zehn Prozent gehen für spirituelle Ratgeber drauf, in denen man erklärt bekommt, wie man Kristalle auflädt, die Chakren energetisiert und seine Aura verstärkt. Diese Kategorie an Büchern kann auch getrost entsorgt werden. OH MY HECKIN SCIENCE, JEDES BUCH IST WERTVOLL!!!
Danach 10 Prozent Biografien irgendwelcher Z-Promis und literally whos. Dann ein nicht unbeträchtlicher Teil politischer “Analysen”, bei der zwischen Realität, Fiktion und Propaganda nicht wirklich unterschieden werden kann. Normalerweise sind es nur Titel, die in den aktuellen Status Quo passen und cover haben die den größten youtube clickbait thumbnails konkurrenz machen. Schwarzes cover, weißer titel: “Russische Hacker: Wie der Kreml die Demokratie von innen zerstört”, oder “Zeitbombe China”. Rote Unterüberschrift: “Ein Einblick in die Hybride Kriegsführung der Trolls”, “Wie Chinas Wirtschaft in zwei Wochen implodieren wird”, darunter natürlich ein gefadetes Schwarzweißfoto von Putin und Xi. Das Farbschema nur durchbrochen durch den “SPIEGEL Bestseller” Sticker, der sich nicht rückstandslos entfernen lässt, oder inzwischen aufgedruckt ist. (Die Erstauflagen hatten diesen Sticker auch schon) Werke zu politischer Theorie gibt es nicht.
Dann die (immer gleichen) Romane, unter denen sich selten aber auch ein paar gute befinden.
Fachbücher sucht man in den meisten Buchhandlungen vergeblich (mit seltenen Ausnahmen), als Ersatz gibt es Pop Soyence Werke zu Quantenphysik und Psychologie. Im Bereich Philosophie le epic Marcus Aurelius und gesammelte, aus dem Kontext gerissene Zitate verschiedener, als wichtig betitelter “Denker”.
Selbstverständlich das neueste 700 Seiten “Windows 11” Buch für Boomer, dazu aus irgendeinem Grund immer noch ein Buch zu PHP, hauptsache nichts Sinnvolles. Ich habe noch nie das SICP in einer Buchhandlung gesehen.
Englische Literatur ist kaum vertreten, klassicher Literatur wird ein kleines Regal gewidmet. Wenn Reclam nicht existieren würde, gäbe es dieses vermutlich gar nicht.
Die Cover der Bücher versuchen alle reißerisch und auffällig auszusehen, da sie sich sonst nicht verkaufen: Bunt, Bilder direkt auf den Einband gedruckt, keine Umschläge, die Buchgrößen alle nonstandart.
Dort Bücher Bestellen lohnt sich auch nicht, weil die meisten Großhändler nur Müll im Lager haben, für den Unzählige Bäume sterben mussten. Wenn man ein Fachbuch haben möchte, dass nicht von Thieme oder Oxford University Press verlegt wurde, gibt es das immerhin bei Amazon.
Nun genug mit Büchern, es ist schließlich eine Buchhandlung. Die anderen 90 Prozent der Fläche werden entweder gar nicht genutzt, oder für die Anpreisung tangential relevanter Konsumprodukte. Harry Potter Zauberstäbe, Funko Pops, Fanartikel, e-reader und anderer Plastikmüll. Grim.
Der Kapitalismus hat Bücher endgültig getötet, man meide die Buchhandlung, denn was will man dort? Den absolut kleinsten gemeinsamen Nenner des geschriebenen Wortes? Oder als “dark academia” booktoktard LARPEN? SAD! Many such cases!